EKZ soll angeblich Innenstadt beleben

Seit Jahren ist in Rüsselsheim der Bau eines Einkaufszentrums im Opel-Altwerk im
Gespräch.
Jetzt haben die Investoren und Entwickler neue Pläne vorgelegt, die für den Bereich des
Einkaufszentrums den Abriss von ca. 75 % der historischen Gebäude vorsieht. Mehr als 100
Läden sollen dort angesiedelt werden, mit denen angeblich für die gesamte Innenstadt
Einkaufskraft zurückgewonnen werden soll.

· Tatsächlich leidet die Rüsselsheimer Innenstadt seit Jahren unter Kaufkraftschwund.
Sie sind unter anderem auf den Abbau von Arbeitsplätzen bei der Adam Opel AG (
von 43000 auf heute 15000) zurückzuführen.

· Dazu kommt die Verlagerung eines Teiles der Arbeitsplätze an die, von der
Innenstadt abgewandten Teile des Werks (Auch die Hauptverwaltung wurde südlich
der Bahn, abgeschnitten von der Innenstadt verlagert).

· Sie ist aber auch auf die Mobilität der Menschen und den Standort von Rüsselsheim
als benachteiligter Stadtteil in der „Rhein-Main-City“, mit den attraktiveren Stadtteilen
Mainz, Wiesbaden, Frankfurt und Darmstadt, zurückzuführen.

Noch heute wird die 2006 in Auftrag gegebene Rürup-Studie als Grundlage für die
Entscheidung herangezogen. Dies, obwohl sie nachweislich mit falschen Zahlen hinsichtlich
der Käuferströme arbeitet.

· 220 000 Kunden sind für das Einkaufszentrum prognostiziert. Tatsächlich können bei
der Lage von Rüsselsheim und den inzwischen neu entstandenen Einkaufszentren in
Weiterstadt (Loop), in Groß-Gerau, in Flörsheim und dem erweiterten Main-Taunus-
Zentrum maximal 110 000 Kunden erreicht werden.

Nun stehen in Rüsselsheim unmittelbar die Entscheidungen für das EKZ an, die die
Investoren und Entwickler mit dem 75-prozentigen Abriss des historischen Altgebäudes
verbinden. Nur dann sei das EKZ möglich. Dr. Peter Schirmbeck, der ehemalige Leiter des
Rüsselsheimer Stadtmuseums und Mitinitiator der Route der Industriekultur, warnt vor dem
Abriss der Gebäudeteile. Er verweist auf die architektonische Einmaligkeit des Opel-
Altwerks, den eigentlich vorgesehenen Denkmalschutz für einen Komplex, der den Rang
eines Weltkulturerbes erreichen kann. Heinz Wionski, Bezirksdenkmalpfleger beim
Landesamt in Wiesbaden erweist sich in diesen Punkt schon großzügiger und würde einem
Abriss zustimmen, obwohl er sich bei den ersten Plänen für ein EKZ 2006/2007 noch anders
äußerte und sich für den Erhalt der historischen Gebäude aussprach.

Für die Gegner des Abrisses aber auch die Gegner des EKZ bündeln sich geradezu die
Fragen:

· Wer kommt für die Altlasten auf, mit denen das Areal belastet ist? Acrest?

· Wer sind die Investoren des Projekts?

· Ohne Ankermieter keine Finanzierungszusagen! Doch wer sind die Ankermieter? Und
gibt es bereits unterschriebene Mietverträge und enthalten diese Ausstiegsklauseln?

· Die Stadt Rüsselsheim soll einen hohen zweistelligen Millionenbetrag für die
Verkehrsanbindung über die Bahnlinie südlich des Altwerks bereitstellen. Doch wie
sieht eine Refinanzierung dieser Kosten, die den Schuldenberg von Rüsselsheim
weiter erheblich steigern, aus? Ist eine Refinanzierung in den städtischen Haushalten
überhaupt eingestellt?

· Was passiert, wenn den Investoren die finanzielle Luft ausgeht und nach einem
Abriss eine Bauruine stehen bleibt?

· Wer betreibt und managt die Shopping-Mall wenn sie erstellt wird?

· Woher soll die Kaufkraft kommen, die unter anderem aus den bereits genannten
Gründen, in Rüsselsheim und dem Kreis-Groß Gerau signifikant rückläufig ist?

· Mit welchem Alleinstellungsmerkmal gehen die Planer des Zentrums von einem
Rückfluss und Umkehrung dieses Geldstromes aus?

· Wie bewerten es die Planer des Opel-Forums, dass seit Jahren in Rüsselsheim zwei
Objekte in der Innenstadt ganz oder teilweise leer stehen, ohne dass sich ein Investor
oder ein Betreiber für sie gefunden hätte: Löwencenter und das ehemalige Karstadt-
Gebäude?

Gerade das seit 2000 leer stehende ehemalige Karstadtgebäude und das nicht
funktionierende Löwencenter, das ebenfalls als attraktives EKZ angeboten wurde, mahnen
hier zum Nachdenken.
Eine Gesamtplanung für Rüsselsheim, bei der ein erkennbarer Schwerpunkt auf die
Rüsselsheimer Innenstadt gesetzt wird, gibt es nicht. In einem Katalog werden zwar
verschiedene Maßnahmen aufgezeigt, aber auch für diese gibt es keinen konkreten,
zeitlichen Ablaufplan.
Da die Konzeption des EKZ eine zur Innenstadt geschlossene Form vorsieht, rechnen die
Gegner des Abrisses des Opel-Altwerks und des EKZs mit einer nachhaltigen Zerstörung
des innerstädtischen Geschäftsangebotes und einer weiteren Verslumung der Innenstadt.
Dem Gedanken einer nachhaltigen Stadtentwicklung trägt sie in keinem Fall Rechnung.
Und die Gegner der Planungen stehen hier mit ihren Prognosen und Befürchtungen nicht
alleine: heißt es doch in einer Verwaltungs-Vorlage für die Rüsselsheimer Innenstadt:
Schwerpunktverlagerung der Einzelhandelsaktivitäten in der Innenstadt ist zu erwarten.
Auch aus diesem Grund fordert die BI für die Erhaltung des Opel-Altwerks und die Gegner
des Einkaufszentrums, dass die Verwaltung, vor allem aber die politisch Verantwortlichen
diesen offenen, kritischen Fragen nachgehen und sich nicht auf die falsche Formel
verständigen, die vorliegenden unausgegorenen Planungen seien „die letzte Chance für die
Rüsselsheimer Innenstadt“.

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