Wer ist schuld, wenn's schief geht?

 

Prof. Dr. Manfred Volkmann                           65428 Rüsselsheim, den 28.02.2012      
                                                                         Thüringer Str. 36 

                                                                                                                                                                                                                                                                

Es ist immer wieder erstaunlich, wie selbst Behörden und öffentlich rechtliche Einrichtungen zu bestimmten Sachverhalten sachlich zutreffende Feststellungen treffen, dann jedoch in den Schlußfolgerungen zu Ergebnissen kommen, die den vorangegangen Sacherörterungen diametral widersprechen.

Beim Bebauungsplan „Opel-Forum“ aus dem Jahre 2008 wird dies eindrucksvoll gezeigt:

Schon bei der GfK*) Wirkungsanalyse zu diesem Projekt kann man nachlesen, daß die Einzelhandelszentralität Rüsselsheims lediglich 65,9 % beträgt. Die GfK urteilt, daß der Rüsselsheimer Einzelhandel nur etwa 2/3 des bei den Einwohnern Rüsselsheims vorhandenen Umsatzpotentials binden kann. Auch bei den Einpendlern, die überwiegend aus beruflichen Gründen nach Rüsselsheim kommen, sind Rüsselsheims Einzelhändler nicht annähernd in der Lage, deren Kaufkraft für sich nutzbar zu machen.

Bezüglich der Folgen wird zwar mitgeteilt, daß die Massgaben des Hessischen Einzelhandelserlasses erfüllt seien, gleichwohl aber darauf hingewiesen, daß die Einzelhandelsstruktur in Rüsselsheim – besonders in der Innenstadt – erheblich in Bewegung geraten dürfte. Es wird Bezug genommen auf seit Jahren kontinuierlich abnehmende Verkaufsflächenausstattung und entsprechende Umsatzrückgänge. Die Innenstadt sei kaum noch attraktiv noch in der Lage, im regionalen Umfeld wesentliche Zuwächse zu erreichen. Und: „Diesbezüglich auf die „Selbstheilungskräfte“ des örtlichen Einzelhandels zu setzen, erscheint angesichts der Historie wenig Erfolg versprechend“. Für den „worst- case“, der aber dann wenig später wegdiskutiert wird, wird folgendes prognostiziert: deutliche Erhöhung des jetzt bereits hohen Ladenleerstands, deutliche Verschiebung der Lagequalitäten in der Innenstadt, zunehmende Verwahrlosung bezüglich des Immobilienbestandes. „Im ungünstigsten Fall……könnte es zu erheblichen Schäden an der Stadtstruktur kommen“ – hier wird dann allerdings mit einem pauschalen Bezug auf das „Maßnahmenpaket Rüsselsheim 2020 „ ohne weitere detaillierte Begründung der worst-case praktisch ausgeschlossen, eine geradezu abenteuerliche Kehrtwendung!

Und schließlich: „Die aufgezeigten quantitativen Auswirkungen, die in dieser nennenswerten Höhe zweifellos eine Zunahme der Ladenleerstände in den bestehenden innerstädtischen Einkaufslagen und eine Verschiebung der Einkaufsorientierungen und Lagequalitäten zur Folge haben werden, sind für den Fall anzunehmen, daß keine Reaktion des bestehenden Einzelhandels in Form einer Neuaufstellung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit erfolgt.“ - Dazu siehe oben die Einschätzung der „Selbstheilungskräfte“ der Rüsselsheimer Geschäftswelt durch die GfK !

Die Wirkungsanalyse der GfK wird zwar in der Begründung zum Bebauungsplan zitiert, die von der Verwaltung vorgeschlagenen Maßnahmen zur Abwendung des „worst case“sind Aufzählungen pauschaler Strukturveränderungen ohne Nennung konkreter Maßnahmen. Die Vorschläge sind bei vielen anderen Städten anwendbar, eine konkrete Handlungsanweisung lässt sich daraus nicht entnehmen.

In der Beurteilung des Vorhabens durch den Regierungspräsidenten in Darmstadt wird auf die bestehende problematische Situation des Einzelhandels in der Innenstadt von Rüsselsheim hingewiesen. Der Regierungspräsident bezieht sich auf die GfK-Studie:“Das Opel-Forum Rüsselsheim verursacht nicht die prekäre Situation….. aber das Vorhaben beschleunigt diese Entwicklung.“  Gemeint sind die von der GfK prognostizierten Umverteilungsquoten von bis zu 30 % für die in der Innenstadt vertretenen Sortimente. Der Regierungspräsident nennt die Entwicklung der Innenstadt eine „ungute“ (er  meint „schlechte“) Entwicklung.

Deutlicher wird da noch der Unternehmerverband Hessischer Einzelhandel Mitte-Süd e.V.  Der stellt den 23.500 m² des Opel-Forums die 11.000 m² der Innenstadt gegenüber, die tendenziell weiter rückläufig sind. Der Verband schreibt der Stadt ihre schlechte Ansiedlungspolitik „ins Stammbuch“, wenn er meint: Bei der Beurteilung des Vorhabens „Opel Forum“ befindet sich der bisherige Innenstadteinzelhandel im Spannungsfeld zwischen der Hoffnung auf eine Innenstadtrevitalisierung und der Gefahr des beschleunigten weiteren Umsatzverlustes.

Und: „Die für das „Opel-Forum“ vorgesehenen Magnetbetriebe stehen größtenteils in unmittelbarer Konkurrenz zu den derzeit bestehenden innerstädtischen Einzelhandelsbetrieben/-branchen, so daß mit erheblichen Umsatzverlusten der Innenstadt zu rechnen ist.

Nur eine äußerst oberflächliche Behandlung der Stellungnahmen von Trägern der öffentlichen Belange kann zu einer Befürwortung des Vorhabens kommen. Tatsächlich ist in diesen Stellungnahmen eine ganze Reihe von erheblichen Gefahren für den Rüsselsheimer Einzelhandel enthalten. Nur: wenn die Sache schiefgeht, werden GfK, RP, Unternehmerverband darauf hinweisen, daß sie die Risiken benannt haben (was ja stimmt!) und die Stadt – und das sind in diesem Fall Magistrat und Stadtverordnetenversammlung - die Verantwortung trägt!

 

*) GfK-Nürnberg, Gesellschaft für Konsum-, Markt- und Absatzforschung e.V.

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